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Dienstag, 15. September 2009

Mein letzter Rundbrief vor meiner Abreise (Juli 2009)

Moni Anzanga, Hallo Freunde,

liebe Grüße aus dem nun „winterlichen“ Malawi. Es ist a****kalt!!!!!!! Ich habe fest gestellt, dass es nur noch eine knappe Woche ist, bis ich wieder in Deutschland bin(9. August) . Daher habe ich mich nochmal hingesetzt, um den letzten Rundbrief aus diesem Land zu schreiben. Da ich leider sehr faul war in letzter Zeit, werde ich die letzten 6 Monate einfach nochmal schön zusammenfassen und viele Fotos schicken. Auch meinen Blog werde ich mit neuen Fotos ausstatten, damit wieder mal etwas Leben reinkommt. Dieser Rundbrief ist mal super lang geworden, da ich halt alles reinbringen möchte. Ich hoffe dennoch, dass er euch gefällt!!!!!!


Malawi


Es hat sich viel getan seit meinem letzten Rundbrief. Die Regenzeit ist vorbei und die „kühle“ Nachregenzeit ist eingetreten. Der Mais wurde geerntet, wobei Rekordernten erzielt wurden und der Tabak schien sich auch gut verkauft zu haben, wobei ein Kilo wohl 2€ kostete. Durch die guten Ernten gibt es nirgendwo im Land Hunger oder Essensmangel, wodurch sich die Situation deutlich verbessert hat. Der Maisanbau war schon beeindruckend anzusehen, für die Bevölkerung ging es aber ums pure Überleben. Im Jahr 2002 gab es eine große Hungersnot, an er tausende starben, da der damalige Präsident alle Maisreserven illegal verkauft hat. Daher wurde jeder freie Meter genutzt um das „Gold Malawis“ anzupflanzen (Bitte das Gold Malawis nicht mit Malawi Gold verwechseln, was der Name für malawisches Cannabis ist!!). Bis zum Straßenrand wuchsen die über 2 Meter hohen Pflanzen, sodass man schnell die Orientierung verlieren konnte. Auch wir pflanzten Mais an, wobei das Ergebnis recht gut war. Wir haben denke ich 100kg Mais geerntet, was 2 Monate Nsima (Maisbrei) für die Familie bedeutet. Am 19. Mai gab es dann Wahlen, bei denen der bisherige Präsident mit enormer Mehrheit wiedergewählt wurde. Auch wenn man nicht von europäischer Demokratie reden kann, da alle staatlichen Sender den ganzen Tag über oft Propaganda nur für die Regierungspartei abspielten, war es dennoch ein Erfolg. Es gab nur wenige Zwischenfälle (der einzige Radiosender erklärte zum Beispiel der Landbevölkerung, dass ihre Wahlzettel automatisch ungültig werden würden, sollten sie auf dem Wahlzettel nicht den Kopf des Präsidenten ankreuzen. Dennoch waren die internationalen Wahlbeobachter größtenteils zufrieden.

Der derzeitige Präsident, dessen offizieller Titel „Seine Exzellenz unser Held Dr. Bingu wa Mutharika, Präsident der malawischen Republik“ ist, steht auch meines Erachtens für gute Politik und hat viele Zustände radikal verbessert. Die Kriminalität ging runter, es herrscht kaum noch Hunger, viele gute Straßen werden gebaut und auch die AIDS Rate scheint sich zu stabilisieren. Ebenfalls ist der Kwacha (die nationale Währung) stabil und Malawi nimmt immer mehr Geld mit dem Export von Tee, Kaffee und Tabak ein. Daher

war es eigentlich von vornerein schon klar, dass er wiedergewählt werden würde. Den erdrutschartigen Sieg hatte ihm aber kaum einer zugetraut, sodass nun etwas Skepsis herrscht, ob das demokratische System, was eigentlich von einer verantwortungsbewussten relativ starken Opposition profitiert, so beibehalten wird. Bis jetzt scheinen die Befürchtungen aber noch nicht einzutreten.

Ein anderes Thema, was zur Zeit für relativ viel Ärger unter der Bevölkerung sorgt ist das katastrophale Energieversorgungssystem von ESCOM (Electricity Supply Commission of Malawi). Habe ich sie anfangs noch hoch gelobt (im Oktober gab es nur einen Stromausfall), so gibt es inzwischen mindestens alle 2 Tage stundenlange Stromausfälle, die so ziemlich jeden nerven, da sie meistens starten, wenn Kochenszeit ist. Zynisch verlangt man ESCOM in BASCOM umzubenennen (also Die Blackout Supply Commission of Malawi)umzubenennen, da das einzige was ESCOM zurzeit effektiv macht das Verteilen von Stromausfällen ist. Mich nervt es auch enorm, wenn man im Halbdunkel nach Hause kommt erstmal ohne Strom da steht und weder gekocht, noch am Laptop gearbeitet werden kann. Naja bald werde ich dieses ja nicht mehr haben. Mein Chichewa wird inzwischen auch relativ passabel. So kann ich inzwischen Gespräche relativ problemlos auf Chichewa führen und gut auf Chichewa handeln. Ich werde mal einige für mich wichtige Chichewasätze hier aufschreiben.


Chap Aissseeeeee (schön lang ziehen!!) za boo?

Wie geht’s Dir mein Freund.

Bo bo!

Mir geht’s gut.

Chimbudzi chili kuti?

Wo ist das Klo?

Mzungu/ Azungu!

Weiße!!!!!!!

Mufuna kugula „white stuff“?

Willst du Elfenbein kaufen?

pang’ono pang’ono

langsam langsam (Ist eine häufige Antwort auf wie

geht’s?)

Palibe vuto!

Kein Problem

Panga fast!!!

Mach schnell!!


Deutschland


Wie viele von euch wohl mitbekommen haben, war ich Ende Februar/Anfang März in Deutschland. Ich wollte eine Universitätssache klären, meinen Familie und meinen neuen Cousin mal sehen, Freunde und Bekannte treffen und wieder etwas in das deutsche Leben reinschnuppern. Das war super viel Programm in leider wenig Zeit! Den Leuten, mit denen ich mich leider nicht treffen konnte sei gesagt, dass wir im August wieder durchstarten werden :-). Insgesamt haben mir die 10 Tage in Deutschland sehr gut getan. Ich sah viel Schnee (boaar war ich froh wieder im warmen Malawi danach zu sein ), traf viele Leute und war super froh, dass vieles relativ gleich geblieben war (im Ausland denkt man schnell, dass sich daheim super viel ändert, während man weg ist). Arbeit Ja, ja meine Arbeit . In der Rückblende bin ich etwas enttäuscht, dass ich nicht mehr hätte machen können, doch konnte ich doch in einigen Bereichen Neuerungen einbringen. So hat sich der Schulalltag doch wesentlich verbessert, wenngleich es auch oftmals nur minimale Neuerungen wie neue Mülleimer oder das selbstständige Reinigen der Klassenräume waren. In der Administration konnte ich mich nicht oft einbringen außer beim Tippen und Erstellen von Dokumenten, doch mein Hauptanliegen (ein neues Aktenablagesystem und der Aufbau von internationalen Beziehungen) ist mir nicht ganz gelungen. Zwar sind die Baptisten nun Partner des Deutschen Entwicklungsdienstes und werden ab September zuzüglich meines Nachfolgers noch 3 neue Freiwillige erhalten, doch hätte da noch viel mehr erreicht werden können. Durch die relativ geringe Arbeit konnte ich aber sehr viele alltägliche Erfahrungen machen und relativ viel reisen, was auch nicht schlecht war.


Alltag


Auch wenn es viele immer noch nicht glauben (wollen): Hier gibt es wirklich alles zu kaufen. So gibt es große Einkaufszentren (vergleichbar mit Saturn und Kaufhof), moderne Kinos (teurer aber besser als UCI. Das Ticket kostet normalerweise 8€), gute Diskos, Kasinos oder Restaurants, sodass man als Weißer (diese Einrichtungen sind nur für die wenigsten erschwinglich und daher nicht malawiüblich) ein relativ ähnliches Leben wie das zuhause leben kann. Auch wenn ich wegen meiner Arbeit und meinem Leben in einer malawianischen Gastfamilie nicht oft in solchen Einrichtungen war (ich wollte ja natürlich das malawitypische Leben kennenlernen), war ich doch manchmal sehr froh einfach mal dem Alltagsleben zu entfliehen und sich mit anderen Deutschen oder Freiwilligen zu treffen. Trotz all

dieser Ähnlichkeiten ist vieles natürlich total anders, auch wenn ich vieles nicht mehr als so fremdartig wahrnehme. Ein Beispiel ist zum Beispiel das „Mafiasystem“ im Kaufhaus. So gibt es im großen Zentraleinkaufszentrum einmal die Woche spezielle Angebote, die super günstig sind und oftmals innerhalb einer Stunde schon ausverkauft sind.

Als Julia und ich vor 3 Wochen im Laden waren, gab es Lineale für 2 Cent das Stück. „Perfekt“, dachte ich also und wollte direkt 20 oder 30 davon kaufen. Als ich um 10 Uhr ankam waren sie aber schon angeblich ausverkauft. Viele wären dann wohl einfach ohne die Lineale gegangen, doch ich ging zu einem „malawianischen Freund“ (fast jeder begrüßt mich hier mit „Yes, my friend“) , der dort arbeitet und fragte ihn ob er nicht was drehen könnte. Er fragte mich dann im Flüsterton wie viele Lineale ich wollte (das alles lief mitten im Geschäft ab) und dann verschwand er. Wenige Minuten dann kam er mit Linealen, die er unter seinem Hemd versteckt hielt, und reichte sie mir heimlich weiter. Ich steckte ihm heimlich einen 50 Kwacha Schein zu(20 Cent) und wir beide waren glücklich. Die Lineale wurden wie viele andere Produkte, die im Angebot oder selten sind von den Angestellten entwendet, um diese dann anschließend an Freunde zu geben, sodass nur Bekannte oder Familie der Angestellten von den Rabatten im großen Stil profitieren. Es herrschen quasi 2 Verkaufsstrukturen im Kaufhaus und mit den richtigen Connections geht dann das Einkaufen viel leichter.

Diese „Korruption“ herrscht in allen Bereichen. So habe ich gegen Entgelt das Masterpasswort des Kundenservicedirektors des staatlichen Telefon- und Internetanbieters erstanden, um meine Internetkosten zu reduzieren und so weiter. Korruption ist in Malawi halt überall verbreitet und kann das Leben teilweise richtig erleichtern. So habe ich meine Aufenthaltsgenehmigung deutlich schneller bekommen als viele meiner Freiwilligenkollegen, weil mein Chef einen Freund in der Einwanderungsbehörde hat und mein Chef tankt manchmal für 30 Cent billiger der Liter, weil unsere Nachbarn staatlich subventioniertes Benzin von Tanklastern in der Nacht kaufen (ein großer LKW steht dann neben dem Nachbarhaus und Benzin wird heimlich abgepumpt) und dann an einige Leute verkaufen.

Man kann nun natürlich immer streiten, ob das Mitschwimmen in der Korruption gut sei oder nicht. Ich kann nur sagen, dass ohne Korruption viele Sachen in Malawi nicht funktionieren könnten und, dass ich mich nur dann in Sachen beteilige, wenn ich sie als richtig erachte und den Schaden als gering einschätze. Neben der Korruption ist das Handeln ebenfalls sehr präsent und in Deutschland kaum vorhanden. Gehandelt wird nicht nur auf dem Markt oder bei Souvenirs, sondern auch in staatlichen Einrichtungen Transportunternehmen oder ähnlichem. Man kann generell nicht sagen, dass man überall handeln kann, sondern muss ein Gefühl entwickeln, wo es geht und wo nicht. Ein Freund von mir wollte unbedingt für eine Telefonkarte nur die Hälfte zahlen und wurde ziemlich schräg angesehen, weil jeder wusste, dass das gewünschte Produkt einen festen Preis hatte.

Was mich anfangs ziemlich geschockt hat, hier aber mit einer enormen Gleichgültigkeit hingenommen wird sind das Sterben und die Armut. Man stirbt in Malawi so schnell an den doofsten Sachen, man glaubt es kaum. Leute sterben an Asthma, weil keine Asthmamedizin vorhanden ist, Leute sterben an AIDS, weil sich einige weigern die Anti AIDS Medikamente zu schlucken, die gratis und überall vorhanden sind. Viele Leute sterben aber auch nur, weil einfach kein Arzt vorhanden ist und das Transportgeld zum nächsten Krankenhaus (maximal 1€) nicht vorhanden ist. Sollte man einen Verkehrsunfall in den ländlichen Gegenden haben, dauert es mitunter 6 Stunden bis der erste Arzt eintrifft. Das liegt daran, dass es Krankenwagen nur in den größten Städten gibt und ein Arzt dann in ein lokales Transportmittel einsteigen muss, was ewig bis zum gewünschten Ort braucht. An diese Sachen muss man sich gewöhnen, wenn man hier länger lebt!

Das gleiche trifft auf die Armut zu. Auch wenn das oftmals europäische Afrikabild von AIDS, Hunger, Krieg und Naturkatastrophen nicht wirklich zutrifft, so kann man nicht leugnen, dass Malawi in der Armutsstatistik immer in den untersten 10 Plätzen vorkommt. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung kann nicht lesen und schreiben, 15% haben AIDS, davon sind die meisten unter 30 Jahre alt und 70% haben weniger als 1$ pro Tag zum (Über)Leben! Diese Fakten darf man nicht ignorieren, doch ist das Leben, obwohl hart, oft auch glücklich und von einem enormen Gemeinschaftssinn geprägt. Man ist zwar arm, kann aber doch in Würde leben! Es gibt genug zu essen, obwohl das Essen oftmals sehr eintönig ist, die Kleidung ist oft gepflegt und man feiert oft Feste. Das Denken, dass Armut mit Misere Hand in Hand geht, stimmt nicht. Dennoch kann man nicht verleugnen, dass es enorme Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten gibt. So können die meisten Kinder nicht die vollen 12 Jahre in die Schule gehen, da die letzten 4 Jahre ca. 15€ im Jahr kosten, was unerschwinglich ist.

Auch die Transportkosten können sich nur wenige leisten, sodass viele Malawier nur selten Verwandte in Nachbarregionen besuchen können, geschweige denn Urlaub machen! Meine 23 Jährige Arbeitskollegin war noch nie in ihrem Leben am See oder in Nordmalawi. Gleichzeitig gibt es Malawier, die mega fette Geländewagen oder Mercedeslimousinen fahren, ihre Mitbürger zu Hungerlöhnen einstellen (eine Stoffverkäuferin, die ich getroffen habe, verdient 8€ im Monat) und die soziale Ungerechtigkeit einfach ignorieren. Sie kaufen die teuersten Nahrungsmittel, die aus Europa importiert werden, kaufen sich Brillen, die 1000€ kosten und haben viele Hausangestellte, Wächter, Gärtner und so weiter. Gesetze gelten für sie oftmals nicht, da der Staat weiß, wie wichtig die Personen sind. Das alles ist Malawi, was es immer schwer macht von DEM Malawi zu reden, da Malawi alles sein kann.


Familienurlaub


Im April kam mich meine Familie für knappe 2 Wochen besuchen, was sehr schön war. Zusammen mit Ihnen habe ich viele Orte in Malawi, Sambia und Mosambik besucht und Malawi zum ersten Mal größtenteils als Tourist wahrgenommen. Es war cool, dass meine Familie das Land kennenlernen konnte, wo ich seit einem knappen Jahr lebe und viel erlebt haben. Zum ersten Mal war ich mit Ihnen auf der Insel Likoma, die ich seitdem nochmals besucht habe, da Likoma wirklich der schönste Ort am Malawisee ist! Ansonsten waren wir noch am Berg Mulanje (der höchste Berg Südostafrikas mit 3002 Metern Höhe) im Urwald von Mosambik und haben eine Safari im Lower Zambezi Nationalpark in Sambia gemacht. Der Sambesi ist ein enormer Fluss, der bis zu 1 km breit ist und Sambia von Simbabwe trennt. Für meinen jüngsten Bruder ist Malawi inzwischen das Land der unbegrenzten (Shopping)Möglichkeiten, da man billig Caps (wie schreibt man das?!) und Chucks kaufen kann und eine Flasche Cola nur 25 Cent kostet.


Rundreise


Neben meinem Familienurlaub, bin ich noch relativ viel durchs Land getourt, sei es ein Wochenendausflug, Urlaub oder „Berufliches“. Im März war ein super cooles Elektromusikfestival in Cape Maclear, der Touristenstadt Malawis, die liebevoll „Capetown (Kapstadt) of Malawi genannt wird. In einer alten Hotelruine direkt am Strand wurde eine super coole Location aufgebaut und die Stimmung war eigentlich sehr cool. Leider war die Zufahrtsstraße, da Regenzeit war, teilweise mit bis zu einem Meter Wasser überflutet, sodass nur wenige die schlammige 13 km Piste nach Cape Maclear meisterten. Da der Konzertort mitten im Nationalpark war, mussten wir vom Camping im Dorf zum Konzert eine knappe halbe Stunde laufen. Naja das war ja eigentlich nicht das Problem, da ich hier immer eine Taschenlampe habe, da es schon ab 18 Uhr stockduster ist. Irgendwie aber habe ich das Kunststück hingebracht mich im Nationalpark zu verlaufen! So lief ich um 2 Uhr morgens, leicht angeheitert, mit Taschenlampe auf den Schlammstraßen im Busch rum, bis ein Auto anhielt und mich fragte, warum ich so bescheuert wäre und nachts hier rumlaufen würde. Es gäbe hier doch Hyänen. Naja, netterweise fuhr er mich dann zum Camping, sodass alles gut ausging.


Ebenfalls hatte ich im Juni eine 4 Tagesafari im South Luangwa Nationalpark mit 2 anderen Freiwilligen und anschließend eine kleine Rundreise mit Michael, den ich in Südafrika kennengelernt hatte und der, nachdem er Freunde in Tansania besuchte über Malawi zurück nach Südafrika fuhr. Das waren coole knappe 2 Wochen! Sambia ist ein wunderschönes Land. Die Ostprovinz des Landes ist noch sehr ähnlich mit Malawi, sodass man dort dieselbe Sprache spricht und die Stämme ebenfalls ziemlich gleich sind. Dies hatte den Vorteil, dass ich mich auch dort gut verständigen konnte, was vieles interessanter macht. Besonders interessant waren dabei die Gespräche mit dem Barkeeper vor allem im Bereich Heiraten von weißen Frauen. Viele Afrikaner sind davon besessen weiße Frauen zu heiraten. Dies hat neben finanziellen Gründen (Zitat:“ If I married a black woman I would have to work hard and could not make much love, but if I married a white woman I wouldn’t have to work and have much time for love!”) auch angebliche Treuegründe. So denken viele, dass afrikanische Frauen untreu seien, obwohl die afrikanischen Männer meiner Erfahrung nach die untreuesten überhaupt sind. Naja, dieses Machodenken, habe ich wo möglich immer versucht anzusprechen mit wohl sehr bescheidenem Erfolg…

Meine letzte große Reise hatte ich dann mit Julia, die mich vom 8. bis zum 29. Juli besuchte. Zuerst waren wir für eine knappe Woche in Blantyre, bis wir dann eine Landestour über Liwonde, Lilongwe, Mzuzu, Nkathabay und Likoma machten. Das wohl interessanteste Ereignis war die An- und Abreise nach Likoma. Wie schon vorher beschrieben ist Likoma eine Insel im Malawisee und mein Lieblingsort am See. Julia und ich versuchten also auf diese Insel zu kommen, was sich als sehr schwer erweisen sollte…

Normalerweise wird die Insel 2 mal die Woche von der MS Ilala, dem einzigen großen Schiff auf dem Malawisee angefahren. Dieses Schiff ist seit 1951 im Einsatz und fährt immer noch fleißig über dem See mit einer Maximalgeschwindigkeit von 5 km/h. Da das Schiff Likoma jeden Montag von Nkatha Bay aus anfährt und wir erst Dienstag Abend in Nkatha Bay ankamen, mussten wir uns ein anderes Schiff suchen. Dies war leichter gesagt als getan, da die Fischer Horrorpreise verlangten. Das Missionsschiff der anglikanischen Kirche zum Beispiel verlangte fast 800 Euro für uns beide. Ziemlich entnervt gingen wir dann zur Polizei und fragten ob wir das Notfalleinsatzboot der Polizei mieten dürften. In Badehosen, TShirts, Flip flops und Einkaufstüten wurden wir in das Büro der regionalen Polizeidirektorin vorgeladen. Die Szene war beeindruckend. Die Direktorin saß in olivgrüner Uniform mit weißer Armbinde und passender Kappe wie eine Königin auf Ihrem Bürostuhl. Dahinter prangte ein übergroßes Gemälde des Präsidenten, der mich die ganze Zeit böse anschaute. Auf dem Tisch war der Flaggenwimpel von Malawi und das Logo der Internationalen Korruptionsbekämpfung. Die Direktorin hatte optisch eine gewisse Ähnlichkeit mit Jabba da Hut aus Star Wars, war aber super nett und offen. Sie erklärte uns freundlich, dass man das Notfalleinsatzboot der Polizei, was auch das einzige der Nordregion sei nicht unbedingt für Tourismus nutzen könnte, aber versprach uns, dass wir es nutzen dürften, sobald wir einen besseren Grund gefunden hätten, sodass sie keine Probleme mit Ihrem Chef kriegen würde. Das ist der Grund warum ich Malawi so liebe! In Deutschland könnte man nie zur Polizei gehen und fragen, ob man den Streifenwagen für ein Konzert oder Urlaub ausleihen könnte. In Malawi wird man sofort zum Direktor der Regionalsektion eingeladen, der versucht nach besten Kräften zu helfen. So bekamen wir noch nützliche Tipps und gingen leider trotzdem ohne konkrete Ergebnisse wieder raus. Inzwischen war es schon halb 5 und so langsam wurde unsere Stimmung gedrückt, bis wir auf die Idee kamen ob es nicht möglich wäre nach Likoma zu fliegen. Nach anfänglichen Handyproblemen (das Handynetz versagt immer wenn man es am meisten braucht!!!) erreichte ich schließlich das Flugzeugbüro in Lilongwe, die uns versprachen ein Privatflugzeug am nächsten Morgen nach Dwangwa (130 km südlich von Nkatha Bay) zu schicken. Es ist unverständlich, aber ein Flugzeug zu mieten ist billiger als in einem kleinen Fischerboot ohne Rettungswesten zu fahren, was 11 Stunden für 35 km braucht. Mit Bus und Fahrradtaxi kamen wir schließlich zur Flugpiste, die mitten in einer Zuckerrohrplantage liegt. Dort wurden wir von einem uralten Flughafenwärter begrüßt, der uns nett versorgte. Nach 20 Minuten kam auch der Flieger (ein Viersitzer) mit dem französischen Piloten Stéphane, den ich schon vorher kannte, an und 30 Minuten später waren wir auf Likoma! Likoma war dann einfach nur geil. Wir waren Quad fahren, am Strand chillen und ich war tauchen. Wir trafen viele neue coole Leute und liefen durchs Dorf, wo wir von jedem begrüßt wurden und die Kinder Fotos wollten. Es war super schön.

Die Rückfahrt war auch ein super interessantes aber nicht unbedingt schönes Erlebnis. Schon das Schiff erzeugte Titanic Feeling und was dann beim Beladen des Schiffes ablief kann ich nur mit „Titanic Reverse“ beschreiben. So wie man sich verhielt als 1912 die Titanic sank, benahm man sich hier, als man aufs Schiff wollte. Zuerst mussten wir bis Hüfttiefe in das Wasser rein um in eines der Boote zu klettern, was einfach super schwer war, weil 100 Leute versuchten auf einmal ein kleines Ruderboot zu besteigen. Die Kapazität wurde mit 22 Menschen pro Schiff angegeben, doch waren dort immer um die 50 Leute mit Maissäcken, getrockneten Fischen und Hühnern drin. Ich brauchte 3 Versuche um mit Laptoptasche und Reiserucksack in das Schiff zu kommen, da die Malawier mich immer wegdrängten und das ganze im Dunkeln (es war 20 Uhr) ablief. Als ich endlich fast drin war fiel ich voll in das Schiff rein, das Schiff voll auf die andere Seite kippte und es kurzzeitig so aussah, als das Schiff umkippen würde. Andere deutsche Freiwillige erzählten mir, dass bei Ihrer letzten Fahrt auf der Ilala ihr Boot auf halbem Wege Leck lief und sie in einen Einbaum gerettet werden mussten. Tatsächlich gingen auch 2 Schiffe während der Schiffsbeladung unter. Eins war ein Einbaum, das andere ein Rettungsboot, was am Schiff befestigt war und wo das Halteseil riss. Nach 5 Minuten Fahrt in dem Rettungsboot musste ich nur noch über eine Leiter klettern und ich war endlich im Schiff! Dort drin herrschte ein unbeschreibliches Chaos. Wir konnten froh sein, dass wir erste Klasse gebucht hatten, denn die dritte Klasse war völlig überfüllt mit Leuten, Maissäcken, Tieren und vielem mehr. Es war ein kleiner Kampf bis wir die Treppe erreichten, die uns zum ersten Deck führte. In Malawi ist es fast normal sich gegenseitig wegzurammen um ans Ziel zu kommen.

Mit europäischer Höflichkeit und Anstellen kann man in diesem Land nicht viel erreichen, auch wenn es mir immer noch sehr unangenehm ist sich einfach vorzudrängeln oder eine Person wegzudrücken. Nach einer weiteren Stunde des Wartens ging die „Kreuzfahrt“ endlich los und ich wurde seekrank wie noch nie in meinem Leben. Das lag vermutlich auch daran, dass ich mit Paul Hassan, einem Schottentürken, der mit 19 Jahren an der Medizinfakultät der malawianischen Universität Vorlesungen gab, ein paar Bier trank, mit der naiven Idee dem Schaukeln entgegenzuwirken Naja hat nicht geklappt… Der Kahn schwankte mindestens 45° in jede Richtung und ich legte mich voll hin als mich von der Bar zu einer Bank auf dem Sonnendeck torkeln wollte. Dummerweise lagen über dem ganzen Deck verteilt noch Leute auf Matratzen (es gibt nicht genug Kabinen, sodass viele Reisende auf dem Deck pennen müssen), was das Weiterkommen auch nicht leichter machte… So ist halt das Leben in anderen Gegenden dieser Welt. Ich war aber sehr froh, dass ich diese Fähre überlebt habe! So, genug für heute! Im Anhang werde ich euch noch ein paar Fotos zeigen aus meinen letzten Monaten. Ich freue

mich sehr auf Rückmeldungen und sage mal bis sehr bald!

Marian